Scénario

Das surrealistische „Scénario “: Drehbücher für Filme im Kopf

„Auf einer holländischen Wiese an der Ecke eines Grabens steht ein großes Osterei.  Rechts, unten im Bilde, ein Schweinestall.“
Jef Last, 1929

Das Medium Film beeinflusste auch Experimente surrealistischer Autoren. Beeindruckt von den bewegten Bildern des frühen Kinos der 1910er- und 1920er-Jahre, von Filmen oder auch Filmhelden, schrieben etwa Robert Desnos, Antonin Artaud, Federico García Lorca oder Jef Last gedichtartige Texte, die in knappen Worten umfangreiche Szenen beschreiben.

Die „Drehbücher“ oder auch „Filmgedichte“ (ciné-poèmes) genannten Arbeiten sind meist in durchnummerierte „Kameraeinstellungen“ aufgeteilt und nutzen filmische Techniken, um geistige  Zustände zu illustrieren.

Mit sprachlichen Mitteln geben sie Einstellungen und Schnitte vor: Details verweisen auf Großaufnahmen, knappe oder ausführlichere Beschreibungen bilden zeitlich geraffte oder gedehnte Sequenzen nach, Aufzählungen und Reihungen ersetzen Überblendungen. In den meisten Fällen ist kein Dialog geplant, es handelt sich um „Stummfilme“.

Nur aus wenigen dieser Werke wurden Filme für die Leinwand. Der rumänische Dichter Benjamin Fondane zum Beispiel schrieb mit seinen Trois Scénarii (1928) absichtlich „unverfilmbare“ literarische Drehbücher: Er wollte, dass sie gelesen werden und dabei im Kopf des Lesers mit dessen Gedanken und Erinnerungen zu Bildern verschmelzen.

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