Exponat des Monats: Das surrealistische Manifest

Original-Manuskript des Surrealistischen Manifests von André Breton, 1924

„Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von  Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluter Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität. Nach ihrer Eroberung strebe ich…“ Dieses Ziel formuliert André Breton deutlich in seinem Manifest des Surrealismus von 1924. Positionen, Themen und Techniken, die er und seine Kollegen zur Umsetzung dieser Aufgabe ausprobierten, fasst er hier erstmals in einer radikalen Betrachtung von Literatur und Kunst zusammen.

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Das Manifest selbst ist eine Collage aus Definitionen, Listen, Anleitungen und  Forderungen. Eine zentrale Rolle spielt die Faszination für den Traum und das Unbewusste, das nicht nur kreativ zu nutzen sei, sondern in allen Lebenslagen bestimmend sein müsse. „Wann werden wir schlafende Logiker, schlafende Philosophen haben? … Warum sollte ich vom Traum-Hinweis nicht noch mehr erwarten als von einem täglich wachsenden Bewußtseinsgrad? Kann nicht auch der Traum zur Lösung  grundlegender Lebensfragen dienen?“

Bretons Erstes Manifest ist nicht der einzige Grundlagentext des Surrealismus – die Surrealisten flochten in vielen ihrer Publikationen Theorie-Ansätze ein –, aber die früheste, ausführlichste und meistgelesene. In Paris im Oktober 1924 erschienen, wurde es schnell in mehrere Sprachen übersetzt – sogar bis in den fernen Osten: In der japanischen Zeitschrift Shi to shiron (Poésie et art poétique) wurde das Manifest 1929 veröffentlicht, übersetzt von Shûzô Takiguchi, bekannt war es dort allerdings schon früher.

Klar, dass das Original-Manuskript auch in der Ausstellung
eine Schlüsselposition einnimmt: Es steht dort stellvertretend für die Idee hinter dem surrealistischen Kosmos. Bretons gestochen scharfe, saubere Handschrift lässt An- und Durchstreichungen deutlich erkennen; Ergänzungen und Erweiterungen durch angeklebte Seiten dokumentieren eine Entwicklung als „work in progress“ – ein faszinierendes Dokument auch 90 Jahre nach seiner Entstehung.

 

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